Position um 16:00 Uhr (UTC-2): 16° 14.5'N 047° 20.1'W
Seit 08:15 Uhr haben wir den ParaSailor oben. Nun geht es ab. Über 7 Knoten durchs Wasser. Der Wind soll abnehmen, dann wird es leider langsamer. Das war's auch schon, was über den heutigen Tag zu berichten gibt. Deshalb setze ich mal meine Serie "Leben an Bord" oder eben "Homestory" fort:
Teil 1: 00:00 Uhr bis 12:00 Uhr
Teil 2: Müll
Teil 3: 12:00 - 20:00 Uhr (hier)
Um 12:00 Uhr ist High Noon! Zumindest auf See. Die gesamte Crew sammelt sich vor der Navigation. Die letzten Sekunden werden runtergezählt und um 12:00:00 wird der Knopf gedrückt. Der Knopf, der die aktuelle Position festhält. Die wird dann noch schnell editiert und bekommt den Namen "2021 12 08 Mittag". Anschließend kommt der spannende Augenblick: Diese Position wird in die Reihe der anderen Mittagsorte aufgenommen, dann wird das Etmal [Link Glossar Etmal] berechnet. Gut - das macht die Navigationselektronik schneller, als ich es hier schreiben kann. Und dann steht sie da: Die magische Zahl, das Etmal. Haben wir wieder 120 Meilen geschafft? (Heute ja - Dank Endspurt mit dem Para seit 08:15!). Wie viel sind wir drüber? Haben wir gar einen neuen Rekord?
[Bild Screenshot Etmal]
Zufriedenheit bei 120 Meilen, Freude so ab 130 Meilen, Begeisterung ab 140 Meilen. Jubel bei Rekord. Dann schnell voraus rechnen. Zumindest auf längeren Passagen: Wie lange, wenn es so weiter geht?
Langsam kehrt wieder Ruhe ein. Die Crew zerstreut sich wieder, jeder geht seiner Tätigkeit nach. Also: In der Sonne liegen, Tee oder Kaffee trinken und lesen. Oder was so gerade Lust macht und anliegt.
Auf See folgt dann die Ausgleichszeit: Wer will noch, wer muss noch ein wenig schlafen? Der andere übernimmt die Wache. Vielleicht wird ein netter Mittags-Snack gemacht. Oder über das Abendessen diskutiert. Irgendwann zwischen 16:00 und 18:00 Uhr sind dann alle wieder da. Abendessen wird vor- und zubereitet. Kurz vor Sonnenuntergang dann ein Versuch, die E-Mails zu funken. Ist technisch die beste Zeit. Leider ist das für die anderen SSB-Funker [Link auf Glossar SSB / Funk] auch die beste Zeit. Und so sind die wirklich guten Frequenzen oft schon besetzt. Dann geht das Suchen los. Nächste Frequenz, nächste Station. Canada folgt auf Trinidad. Dann USA. Oft geht dann zumindest Belgien, wenn auch nicht so schnell. Afrika hatte ich schon und auch einmal Chile. Panama ist auch gut, aber oft besetzt.
Na ja - und dann kommt der Sonnenuntergang. Da sitzen wir oft zusammen im Steuerstand und schauen… Wellen, Wind, Wolken, Sonne, Horizont. Die ersten Sterne und Planeten sind zu sehen. Funken oder Kochen: Wenn wir funken, ist der Inverter aus und wir haben keine 230 V. Wenn es schnell geht, sind die Sendungen auch rasch erledigt, wenn es arg langsam ist, unterbreche ich. Und sonst heißt es warten, bis die Funke fertig ist.
Abendessen ist so, wie es wohl in den meisten Haushalten abläuft. Wir haben einen Induktionsherd und eine Mikrowellen-Ofen-Kombination. Und wir haben bisher immer von normalen Tellern gegessen, aus normalen Gläsern getrunken. Zwar haben wir ein Set Plastik-Teller, aber die werden eigentlich nicht gebraucht.
Nach dem Abendessen verziehe ich mich. Michèle macht die nächsten 6 - 7 Stunden. Da müsste sie mal berichten…. Ich schlafe. Selten, dass ich es schaffe, noch ein paar Seiten zu lesen.
Vor Anker oder im Hafen ist dann action angesagt. Vorteil Hafen: Man kann schnell mal an Land springen, vor Anker ist da das Schlauchboot gefragt und dann auch: "Willst Du mitkommen?". Vorteil Anker: Zum Baden, Schwimmen, Schnorcheln springt man einfach außenbords. Und man hat mehr Ruhe vor anderen Menschen. Vorteil Hafen: Man liegt ruhiger, das Schifflein schaukelt (eigentlich) nicht. Abendbrot und Wind ist auch vor Anker besser, da sich das Boot ja immer mit der Spitze (bei uns mit beiden Spitzen) in den Wind dreht. Da haben wir auf unserer Terrasse dann Windschatten.
Ja - so ist unser Leben an Bord. In vielen Dingen ganz "normal". Weitersegeln, wenn es uns nicht gefällt, hatten wir bisher noch nicht. Eigentlich hätten wir überall noch ein wenig länger bleiben können. Aber die Termine….
Nun hoffe ich, dass "die Kinder" ordentlich mitgelesen haben. Und freue mich über Anregungen, welche Aspekte unseres täglichen und mir eigentlich nicht berichtenswerten Normal-Lebens ich noch berichten soll!
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