2024 02 08 Tag 19 auf See, Teil 2 Angekommen

Ankerposition: Vor dem Hafen von Port Louis.

Nach einem Sekt und der langen Wache darf ich mich schlafen legen. Prima! Heute mach ich nichts Sinnvolles mehr! Angekommen! Hurra! Irgendwann werde ich halbwach: Der Wind hat aufgefrischt. Ach wie schön, da muss ich mich um nichts kümmern, wir sind da! Michèle ist anderer Meinung: Sie reißt mich mit der Meldung „wir driften ab!“ aus dem Halbschlaf! Oh weh! Wusste ich doch, dass der Ankergrund hier vor Port Louis aus nur wenig Sand und darunter Felsplatten besteht. Ein schneller Blick auf die noch laufende Navigation: Ja – wir haben uns schon bald 75 Meter von der ursprünglichen Position entfernt. Screenshot 7(Screenshot 7)
Aber der Wind weht parallel zur Küste und wirklich schnell geht das nicht. Also bekomme ich noch ein paar Minuten für einen Toilettenbesuch.

Dann geht es nach kurzer Diskussion los: Wollen wir Anker auf nehmen und zurück an die ursprüngliche Position oder einfach hier die Kette verstärken? Entschluss: Hier! Also muss Michèle einige Meter gegen den Wind anmotoren und ich hole die Kette so weit ein, dass ich den Hahnepot lösen kann. Dann bringe ich einen Reiter – 25 Kilo Blei – bei 35 Meter auf die Kette und lasse sie bis auf 50 Meter aus. Dann kommt ein weiterer Reiter. Und bei 55 Meter der Hahnepot. Damit sind gute 60 Meter Kette dann im Wasser. Für wirklich arge Momente haben wir noch 2 weitere Reiter an Bord. Aber ich meine: 33 Kilo Anker, 50 Kilo Reiter, das sollte halten!

Die Windspitzen erreichen fast 34 Knoten. Screenshot 8(Screenshot 8)
Wir setzen uns auf die Terrasse – denn inzwischen hat es angefangen zu regnen. Also – richtig zu regnen! Um nicht zu sagen: Es strömt! Auf WhatsApp verbreiten wir den „phantastischen Sonnenuntergang“. Es regnet weiter – hatte ich mir ja so gewünscht! Super! Ok – der Wind müsste nicht sein, denn inzwischen hat sich eine recht üble Welle aufgebaut. Liegen wir doch auf knapp 4 Meter Wassertiefe. Da beginnt schon manche Welle, ein wenig zu brechen…. Aber auf einem Katamaran lässt sich das aushalten. Ich bin froh, dass Monika – unser Besuch – erst am Samstag kommt. Heute hätten wir sie kaum und nur pitschnass an Bord bekommen. Und dann das hier. Die Schaukelei, das Wetter. Nein – das sollte nicht der erste Tag an Bord sein!

Dann die nächste Schreckensnachricht: Wir treiben wieder! Trotz Reitergewichten und 60 Meter Kette! Sch… Doch als ich es beobachte hält RE nach 25 Metern wieder an. Ok – so lange, wie das stabil ist, machen wir gar nichts. Also, außer beobachten!

Ein wenig Gischt zieht auch auf die Terrasse, so verziehen wir uns in den Salon. Und da hört Michèle an Backbord Wasser reinschlagen: Ist an Backbord eine Luke offen? Nein! Doch sie gibt sich nicht zufrieden, das hat sich einfach anders angehört als die „normalen“ Brecher! Also geht sie runter und …. Entdeckt die Sauerei: Die Werkstatt ist geflutet!

Einer der beginnenden Brecher muss genau den richtigen Winkel gehabt haben: Die kleine Luke haben wir vor Anker immer offen – geschützt durch ein Fliegengitter, damit das Boot durchlüftet wird. Und wie viel Schwung der Brecher noch mit in die Werkstatt mitgebracht hat. Der Tisch mit allen Sachen drauf ist nass bis hinten hin. Der Boden schwimmt. Selbst die Bank gegenüber hat noch mehr als nur ein paar Spritzer! Mir fallen Worte mit Sch… ein: Schön, zum Beispiel. Schön, ich wollte die Werkstatt immer schon mal durchwischen. Nun – das ist jetzt also so weit! So was arbeitet man am besten von oben nach unten ab. Jedes Werkzeug wird heute nur abgewischt. Morgen muss ich dann in zweiter „Lesung“ mit Süßwasser ran.

Als ich auf dem Boden angekommen bin, knallt es am Bug sehr metallisch. Anders als nur ein Einrucken in die Kette. Ok – Werksatt bekommt gerade 2. Priorität! Raus: Schon wieder Sch…. Der Hahnepot hängt lose! Entweder ein Teil ist gerissen oder die Kralle? Einholen und dann die Feststellung: Es hat die Kralle, mit der der Hahnepot auf die Kette aufgesetzt wird, aufgebogen wie wenn sie aus Plastik sei! Ich habe noch einen anderen nach den Erfahrungen vor Porto Santo besorgt! Nun ist es so weit: Heute darf er zeigen, was er so hält! Hahnepot ist mit einem Softschäkel mit der Kralle verbunden, das macht den Wechsel einfach und schnell. Dann darf Michèle wieder mit den Motoren ein paar Meter voraus machen, dass ich die Kette wieder ein wenig einholen kann. Hahnepot aufgesetzt und Kette wieder ausbringen. Er scheint zu halten. Gut!

Ich darf also wieder in meine Werkstatt. Am Ende des Aufwischens noch die Bilge trocken gelegt – natürlich ist es so viel Wasser gewesen, dass einiges durchgelaufen ist. Nur: Wie viel wirklich, das kann ich nicht mehr feststellen. Die Bilgepumpe springt ja automatisch an, wenn genügend da ist. Und der Rest, den ich zu sehen bekomme, das entspricht genau der Menge, die die Pumpe nicht mehr raus schafft…

Den Restabend hänge ich nur noch ab. Mag weder Filme schauen, was eigentlich Michèles Wunsch für den heutigen Abend war, noch Essen machen, auch nicht Lesen, daddeln. Einfach nicht tun. Währenddessen bewacht Michèle die Navigation, meldet fortlaufend, wann mal wieder eine Windspitze durchgeht. Aber wir bleiben auf Position und für den Zeitraum ab 23:00 Uhr ist von allen Wettermodellen gemeldet, dass der Wind abnimmt. Aber es geht weiter mit den Unglücken: Ich bringe den Bio-Müll raus. Der geht bei uns, wenn wir nicht im Hafen sind, einfach außenbords. Nur heute nicht. Also – doch. Doch nicht allein. Schwungvoll entleere ich den Becher – und halte nur noch den Griff in der Hand… Schon wieder: Sch…. Schön, ich wolle sowieso einen neuen kaufen, denn der hier hat einen Riss!

Ich dämmere so vor mich hin. Irgendwann nach 24 Uhr ist es dann so weit: Der Wind hat nun eindeutig abgenommen, es ziehen keine Böen mehr durch. So verkünde ich: Zeit ins Bett zu gehen. Michèle traut dem noch nicht so ganz und wacht noch eine halbe Stunde. Dann muss auch sie eingestehen: Wir haben es hinter uns. Die Vorhersage für die nächsten Tage verspricht schwache und dann wieder Winde aus östlichen Richtungen – also landab! Sicher und ruhig für uns! Gute Nacht!

Ach ja – nicht nur für uns „Gute Nacht“! Eine Taube sitzt an Backbord auf der Stufe und duckt sich nur, als wir ankommen. Auch anleuchten und dann mit Blitz fotografieren verjagt sie nicht. So beschließt Michèle: Die darf über Nacht hier bleiben.

Fortsetzung folgt, aber nicht mehr heute – denn inzwischen ist der 09. Februar angebrochen...