2023 09 10 – Sonntag auf See

Mittagsposition: 34°26.5'N 22°03.9'W Etmal: 101,9 sm.

Gestern Abend ein unerwarteter Rekord: Ich bekomme eine Übertragungsrate von über 21.000 byte/min. Wer meine Amateurfunk-Erfahrungen bei dem Senden und Empfangen von Mails schon länger mitliest, weiß, dass unter 100 byte pro Minute die Verbindung abgebrochen wird. Mit 500 byte/min will ich nicht meckern, bei über 1.000 bin ich zufrieden. Mal bekomme ich sogar in die Richtung 5 – 7.000 byte / min. Ja! Pro Minute. Und heute dann über 21k! Wahnsinn!

Kaum war ich eingeschlafen weckt mich der Wind. Es geht auf 14, teile 15 Knoten. Entspricht nicht der Vorhersage. Als ich fertig angezogen bin – was im Wesentlichen Klettergurt und Handschuhe heißt, geht es sogar mal auf 17 kn Windgeschwindigkeit. Mit dem ParaSailor wäre ich da noch ganz ruhig. Beim Spi weiß ich nicht – und bei dem Wind funktionieren auch Fock und Groß! Nach einer Stunde ist alles fertig. Dauert mindestens dreimal so lange, wie mit 2 Leuten. Ich muss ja nicht nur beide Seiten der Arbeit übernehmen, sondern auch noch hin und her rennen. Wobei: Rennen ist nicht. Mit dem Klettergurtzeug bin ich mit einem der Laufbänder verbunden. Im Cockpit dann lösen, in den Steuerstand. Da Leine geben oder holen, dann wieder „raus“. Das dauert eben…

Der Rest der Nacht ist ruhig. Nur – schlafen kann ich erst mal nicht. Ein Frachter kommt in den Bereich, in dem ich einen Radar-Alarm haben möchte: So kann ich das endlich mal testen. Bisher waren zu viele Fehlalarme durch Wellen. Das habe ich nun dämpfen können. Bei knappen 9 Meilen dringt der Frachter in meinen „Sicherheitsraum“ ein. Und ja – ich bekomme einen Alarm. Leider verliert das Radar den „Gegner“ immer wieder und so kommt ein neuer Alarm. Dann hat er seinen CPA (Closest Point of Approach) erreicht. Und dann kommt bei seinem Ablaufen noch ein Alarm: Oh – ja – ich hab meine Sicherheitszone auf 2,5 bis 9 Meilen gestellt. Und er war mit gut 2 Meilen innen raus aus diesem! Klar – dann drang er noch mal ein und der Alarm kam korrekt.

Der Morgen beginnt um 8 Uhr mit Spi setzen. Groß und Fock flappen und knallen. Weg mit den beiden und unter Spi weiter. Das ist viel ruhiger. Im Laufe des Tages geht der Wind dann auf unter 7 kn und ich bin froh, den Spi zu haben. Die Segel würden nichts mehr bringen und so mache ich noch mehr als 2,5 kn!

Sargassogras scheint ein echtes Problem zu werden. Nicht nur, dass ich es immer an der Angelleine habe. Hier in dafür recht hohen Breiten. Vor zwei Jahren waren wir ja beim Anlaufen von der Karibik die letzten Tage immer mehr in Sargassogras-Felder geraten. Aber das war beim 15. Breitengrad. Und ich bin jetzt über 30° und auf der anderen Seite des Atlantiks! Die Erwärmung lässt es wohl gedeihen – und es gibt wohl zu wenig Fische, die es fressen! Hurra! Menschheit – mach so weiter! Über Plastik hab ich ja schon öfter geschrieben, aber auch das „kleine“ Ökosystem strukturiert sich um!
Nachdem morgens „nur“ Sargassogras gefangen wurde, gab es zum Abendbrot Sargassogras mit Plastik!

Gegen Mittag dann als Abwechslung mal tags: Die Indigo Jugem ein liberianischer Frachter, 199 m lang, kommt auf 4,7 Seemeilen ran. Ich notiere: 13 Uhr, kommt klar!

Den ganzen Tag lang shifte ich den Spi. Der schwache Wind dreht gerne schnell mal in eine andere Richtung. Am Ende rigge ich eine andere Konfiguration: Nun werden die Schoten ganz los gegeben und nur noch die Niederholer halten den Spi. Vielleicht nicht der optimale Vortrieb, aber er steht recht stabil und ich muss ihn nicht alle paar Minuten hin oder her ziehen. FOTOS FOLGEN

Euch an Land: Schönen Sonntag! Ich hab in der letzten Nacht Jupiter und Saturn gesehen und lange die Plejaden bewundert. Klar – die Milchstraße gibt den Lichtschimmer in der mondlosen Nacht! Und im Wasser habe ich auch „Sterne“: Kleine Blitze von Meeresleuchten!