Mittagsposition: 33°36.8'N 21°24.0'W Etmal: 59,7 sm.
Um 2:08 Uhr werde ich von einem Piepen geweckt: Alarm. Ein „Eindringling“ in meine Sicherheitszone. Sieht wie eine Squall-Wolke aus. (Früher haben wir eine kleine Gewitterzelle zu so was gesagt, aber Squall hört sich ja viel besser an! Und auch hier gilt das Gleiche wie für das Sargassogras: Eigentlich zu weit nördlich. Und auch auf der falschen Seite des Atlantiks…)
Ich beobachte sie, versuche das auch im Fernglas zu erkennen. Aber ohne Mond… Sie kommt im Radar näher. Bei 3 Meilen beschließe ich, zur Sicherheit den Spi einzutüten. Sprich: Den Schlauch über den Spi hinunter zu ziehen. Das ist allein und besonders nachts nicht so schnell getan. Beginnt mit: Klettergurt und Handschuhen. Deckflutlicht an. Fock setzen, dahinter kann ich dann den Spi abdecken. Dann die Schot der Leeseite ein wenig lose geben. Der Schlauch kommt nicht. Also: Mehr lose geben. Welche Leine muss ich ziehen, welche geben? Das ist am ParaSailor besser, da weiß ich das! Irgendwann kommt der Schlauch runter. Wir fahren inzwischen muntere 4 Knoten. Auch unter Fock geht es gut weiter. Den Schlauch noch sichern, runter nehme ich ihn nicht nach der Erfahrung letzte Nacht. Wird nach dem Squall gleich wieder ruhig. Dann geht der Wind bis auf 18 kn hoch. Gut – bei 15 kn will ich den Spi geborgen haben. Ob das sinnvoll, zu spät oder doch zu früh ist? Muss ich mal mit dem Segelmacher diskutieren! Ich gönne mir eine Pause, es ist zwar schon wieder runter mit dem Wind, aber eine Viertelstunde will ich sehen. Im Radar ist die klar umrissene Zelle zusammengebrochen. Rund um RE nur noch kleine Pünktchen.
Um 03:30 wird der Spi wieder gesetzt. Da alle Leinen noch in Position sind heißt das: Tüte hochziehen, Fock eindrehen. 5 Minuten später sind wir wieder unterwegs. 1,5 vielleicht auch mal 2 Knoten. Gut – besser als nichts! Und ich bin knallwach. Da hole ich mir einen Marker und mache 4 ca. 20 cm lange Markierungen auf den Tampen des Schlauches. Das nächste Mal weiß ich nun genau, welche Seite ich von diesem rundlaufenden Endlos-Tampen ich zerren muss, um den Schlauch über das Segel zu ziehen!
Dann kommt eine Pause bis 06:30 Uhr – Funkzeit. Wetter holen. Auf 21 MHz bekomme ich „nur“ eine Übertragungsgeschwindigkeit von 1.000 byte / min. Da wechsle ich mal auf 18 MHz und eine andere Landstation: Super, die bringt wieder über 10.000 byte / min. Da leiste ich mir mal einen Datensatz von den nächsten 10 Tagen und bis La Gomera. Sonst gibt es nur 2 Tage und die 100 Meilen voraus. Sieht aber leider nach viel Schwachwind aus! Mal sehen, wie lange ich das durchhalte. Am 19.09., spätestens am 20.09. muss ich in La Gomera sein, ein Paket muss bei der Post bezahlt werden, bevor die das rausrücken – und ich hab keinen, der das für mich tut! Ich will ja nicht, dass das nächste Paket wieder nach D zurück geht!
Gegen Mittag „besucht“ mich ein kleiner, weißer Schmetterling. Was sind das für phantastische Flieger! Wir sind mindestens 200 Meilen vom nächsten Land entfernt. Egal, ob ich zurück zu den Azoren, voraus zu den Kanaren oder zur Linken nach Madeira schaue – wir sind hier mitten im Loch zwischen all den Inseln. Und aus Afrika hätte er noch mehr zurück gelegt. Ich lade ihn ein, mit mir zu segeln. Und verspreche ihm eine grüne, nette Insel. Er flattert hoch und runter, bald verliere ich ihn aus den Augen. So hoffe ich, dass er eine Ecke gefunden hat, die ihm zusagt und er ein wenig mit uns reist.
Am späten Nachmittag erwacht der Held in mir: Ich nehme ein Atlantik-Bad. Also – ich nehme den Atlantik in einem Eimer und gieße ihn mir über den Kopf. Und gleich noch mal! Das nannte man Bucket-Challenge vor einiger Zeit. Wobei – den Helden, das muss ich relativieren. Zunächst habe ich die Temperatur gemessen: 25 ½ Grad. Das kann ich wagen! Und auch erst mal vorsichtig Beine, dann Arme und Kopf genässt, bevor ich mir den ganzen Eimer drüber gegossen habe. Anschließend ein Sonnenbad zum Aufwärmen.