Mittagsposition: Auf dem Weg nach La Gomera.
Egal wie der Wind ist. So sagten wir gestern. Und für den Start um 8 Uhr hatten die Wettermodelle eher schwachwindig vorhergesagt. Ist es auch! Also – motoren. Doch der Wind hat ein Einsehen mit mir. Kaum sind wir aus der Landabdeckung raus, ist er zumindest so, dass ich die Segel setzen kann. Michèle hat zum Ankerauf einmal hochgeschaut und ist gleich wieder in der Koje verschwunden. So kann ich alles in Ruhe alleine machen. Und kaum sind die Segel ordentlich gestellt, da frischt der Wind auf 10 kn auf. Also: Motor aus! Hurra.
Mit einer Tasse Tee sitze ich im Steuerstand. Hier in viel befahrenem Gewässer kommt noch nicht so ganz unsere See-Ruhe-Routine auf. Die Schnellfähren zischen mit 35 Knoten durch die Gegend. Nun kommt gerade eine auf mich zu – die will nach Los Cristianos in den Hafen. CPA (closest point of approach) 17 Meter. Oh weh! Ich bin ausweichpflichtig. Aber mit meinen 3,5 Knoten bleibt da nicht viel. Aber sie kommt vierkant (direkt) auf mich zu. Also – zumindest pflichtgemäß drehe ich ab. Aber der Kapitä sieht meine Bemühungen und als guter Seemann zeigt er es mir: Er dreht um mehr als 30° ab, ich sehe plötzlich nur noch seine Backbordseite und er rauscht mehr als eine halbe Meile hinter mir durch. (Schnellbootfahrer betrachten alle anderen Boote als stehende Ziele und kurven elegant drum herum….)
Die Freude währt nicht lange, da lässt der Wind wieder nach. So werfe ich nach einer Stunde den Motor wieder an. Und der Wind wird noch schwächer: Da flappen die Segel nur noch. Also: Runterholen. Kaum fange ich damit an, frischt der Wind wieder auf! Hurra! Und bald ist er so stark, dass ich wieder den Motor ausschalten kann.
Ja – richtig. Ich schreibe von „dem Motor“. Denn so lange die Welle nicht RE ganz aus dem Ruder wirft, haben wir immer nur einen Motor an. Damit machen wir bis zu 5 Knoten. Mit zwei Motoren schaffen wir 6 Knoten, verbrauchen aber doppelt so viel….
Doch auch dieses Mal währt die Freude nicht lang. Der Wind geht auf 20 Knoten zu. Und das ist die Grenze zum Reffen. Frischauf! Ans Werk. Zunächst ist das Groß dran. Reff 1. Kaum ist das Segel so weit verkleinert, haben wir auch in Spitze 22 Knoten. Gut gemacht! Es wird ein bisschen „hackelig“. Hoch am Wind und gegen die Welle. Das rumst manches Mal. Dann kommen wir in die Abdeckung von La Gomera. War die große Frage: Fällt der Wind von der Insel runter und hat noch mehr Geschwindigkeit? Oder schattet die Insel ab? Nun – jetzt wissen wir es. Der Wind nimmt ab. Und noch weiter ab. Ausreffen. Und bald auch: Motor an. Michèle hat die wunderbare Idee: Schau mal da – das sieht nach einer schönen Bucht aus! Es sind drei! Wir nehmen die westlichste, verspricht mir da ein größerer Vorsprung doch gute Deckung. Und so werfen wir gegen 15 Uhr den Anker und es herrscht Freiden um uns herum. Baden auch zur Ankerkontrolle. Ein Schnorchelgang am Ufer entlang. Massen von recht kleinen Fischchen, die ich hinterher als Dicklippen-Meeräsche identifiziere. Wieder ein Hurra: Hatte ich mir doch ein kleines Identifikations-Büchlein geleistet! Zur Nacht hin wird es noch ruhiger. Das ist auch mal sehr schön!