2021 11 28 Woche 1 ist um

Position 28.11.2021 - 12:00: 18° 50.5' N 024° 22.2' W

Michèle berichtet!

Heute ist der 7. Tag auf See. Zeit für eine kleine Rekapitulation: Wetter war bis gestern sehr angenehm, Sonnenschein, mal etwas bedeckt, aber keine Regenwolken. T-Shirt-Wetter. Gut, abends war eine lange Hose doch etwas angenehmer. Wind zwischen 2 kn - 20 kn auch sehr angenehm. OK, bei Flaute ist nicht so gut segeln, aber wenn ich mich zwischen Sturm und Flaute entscheiden muss, dann weiß ich aber genau wofür.

Gestern am späten Nachmittag haben wir uns dann entschieden den Parasailor zu bergen und nur mit der Fock weiter zu segeln. Der Wind hat auch stetig zugenommen - gute Entscheidung also. Wir hatten, und haben, 6-7 Beaufort, also Wind bis 34 kn. Da musste ich sogar die Fock etwas reffen. Später wieder raus, ich will ja keine Meile verschenken, dann aber wieder rein. Das ist schön einfach und auch für mich während der Nachtwache gut zu handeln. Aber rein, raus, rein, raus, dann verschenke ich doch die paar Meilen und habe meine Ruhe. Ich weiß, den race-Gedanken habe ich noch nicht so wirklich verinnerlicht! Als Chrischan die Wache übernommen hat, hat er auch die Fock gerefft gelassen und sie ist es bis jetzt und wird es auch diese Nacht bleiben! Hoffentlich muss ich aber nicht NOCH weiter reffen! Der Wind sollte heute zwar etwas nachlassen, aber man hat vergessen ihm das auch mitzuteilen. So wird das Geschaukel wohl noch bis morgen Abend weitergehen. Aber wir machen immer noch, mit etwas gereffter Fock, deutlich über 5 kn Fahrt!!!

Seit gestern Abend überschlagen sich allerdings die schlechten Nachrichten: dass es einen Toten und einen Verletzten gegeben hat, hat Chrischan ja schon berichtet. Jetzt eben haben wir uns mal, nur aus Neugierde, die Liste der gegenwärtigen Platzierungen heruntergeladen. Und da lesen wir, dass jede Menge "retired", also aufgegeben haben. Weitere gar nicht erst gestartet sind. Unter den "retired" sind leider auch "unsere" Engländer mit der Cloud Jumper!! Wir hatten gestern Vormittag noch Mail-Kontakt mit ihnen und da deutete nichts darauf hin, dass sie aufgeben wollten. Ich hoffe jetzt nur, dass ihnen nichts Schlimmes passiert ist! Vielleicht haben sie sich von der Todesnachricht entmutigen lassen, vielleicht haben sie auch einfach nur keinen Bock mehr. Hoffentlich nur letzteres!

Eben piept unsere Navigationsanlage: keine Navigation mehr!!!!! Sch…….wenn die Kacke am Dampfen ist, dann kriegt man den Gestank einfach nicht mehr weg. Wir also schnell hoch in den Steuerstand: das Boot ist komplett aus dem Ruder; also per Hand steuern! Das über den ganzen Atlantik? Nicht in diesem Leben! Dann "retiren" wir auch und fahren auf die Cap Verden; dort soll es auch schön sein! Und vielleicht treffen wir dort dann auch unsere Engländer wieder. Gott sei Dank kommt der Computer aber wieder zu sich während wir das Boot per Hand auf Kurs bringen.

Fehlercheck: er hatte das GPS verloren, und das hat dann einen ganzen Rattenschwanz in Bewegung gesetzt. Glücklicherweise war Chrischan gerade noch nicht im Bett verschwunden! Wieso passiert sowas immer bei Sturm (OK, ssstaife Briiese, aber trotzdem!) und nachts!!!?????

Tja, und meine morgendlichen Kopfschmerzen sind auch noch nicht verschwunden. Es liegt nicht am zu wenig Trinken, auch bin ich nicht elektrosensitiv - wenigstens etwas! Aber woran es liegt, kann ich jetzt beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht der Bewegungsmangel? 10 km ums Boot walken hat sich als etwas schwierig herausgestellt…..

Chrischan

Für mich nun Zeit ein Rückblick auf die erste Woche zu nehmen. Wir liegen auf dem vorletzten Platz derer, die ich als noch in der Überfahrt befindlich sehe. "Hinter" uns sind nur noch Boote, die schon "retired" haben oder die so unmögliche Kurse fahren, dass ich denke, die laufen zurück oder die Cap Verden an.

Unser Plan, sich aus allem Ärger rauszuhalten, hat bisher gut funktioniert. Raus aus dem Feld und klassisch fahren: So weit nach Süden, bis die Butter schmilzt, dann rechts ab nach Westen. Gut - das Wetter gibt zurzeit nicht her, das die Butter schmilzt, es ist eher der Flies angesagt. Nach dem Start hätten wir eher den Motor anschalten können, aber irgendwie wollten wir ja über den Atlantik segeln. Andererseits wären wir - ohne ARC mit festgelegtem Starttermin - nicht am 21.11. losgesegelt, sondern hätten noch mindestens eine Woche besseres Wetter abgewartet. Über den Azoren war - vollkommen untypisch - ein Tief. Und das ziemlich stationär. Pushing hard hätte uns schon bald 300 Meilen weiter bringen können, die beiden anderen Lagoon 42 (Six & Half und Curvy Mermaid) zeigen das. Aber - die Moral und Fitness bei uns an Bord ist gut. Und wir sind nur zu zweit und nicht mehr 30!

Und die Routenwahl? Die im Norden haben mehr Wind und auch nicht unbedingt von hinten. Das angenehmere Segeln haben wir also. So sind wir nun endlich auf Zielkurs und arbeiten die Meilen ab. Heute werden wir wohl noch unter die 2000 Meilen Rest kommen. Über 950 haben wir dann schon auf der Uhr. Also bald sind wir bei einem Drittel.