Position: Marina Ponta Delgada. Keine Änderung.
Das Programm für heute wurde ja von Michèles Zahn vorgegeben. So zieht sie um halb neun los. Ich gehe ein altes Projekt an, das ich seit Las Palmas vor mir herschiebe: Den Austausch des Großfalls. Besser gesagt: Den Austausch des Auges, mit dem das Großfall oben am Mast festgemacht ist. Das scheuert in bestimmten Situationen am Seitenblech da oben. Und inzwischen geht es bis auf den Kern des Tauwerks durch. Also bereite ich alles vor – inklusive dem „Retten“ einer Umlenkscheibe, die ich beim ersten Versuch der Installation in den Mast habe fallen lassen. Mit Inspektionskamera und Manipulationsaufsatz fische ich die raus. Als Michèle zurück kommt, geht es hoch, im ersten Anlauf das Großfall abschlagen.
Michèle berichtet!
In der Zahnarztpraxis angekommen, berichte ich mein Malheur. Ob es ein Notfall sei. (Ja, in der Reihenfolge!) Klar, Notfall! Es bekommt Chrischans Teint nämlich nicht – dieser hochrote Kopf der alten Männern zu eigen wird, wenn sie sich über die Nörgeleien ihrer Ehefrauen aufregen müssen, welche tagelang nur Brei als Nahrung zu sich nehmen dürfen! Ich soll also Platz nehmen und müsste etwas warten. Natürlich, kein Problem! Ohne Termin! Ich setze mich also in den schönen, kühlen Wartebereich. Hier läuft auf einem TV ein schöner Hollywoodfilm. Leider etwas zu leise, dafür aber mit portugiesischen Untertiteln – ich kann mir also nur aus den Bildern etwas zusammenreimen. Da ich mir aber Literatur und Gedaddel mitgenommen habe, ist das alles kein Problem. Ich muss aber eh höchstens eine halbe Stunde warten, dann komme ich an die Reihe. Ich soll auf dem Behandlungsstuhl Platz nehmen und muss meine Brille abgeben, dafür bekomme ich eine Art Sonnen-/Schutzbrille. Sonnenbrille wahrscheinlich gegen das grelle Licht der Arbeitslampe und Schutzbrille um gegen jegliche Spritzer geschützt zu sein. Und direkt über mir an der Decke der nächste Fernseher. Leider wieder nur auf Portugiesisch und ohne meine richtige Brille sehe ich nix. Aber das müsste mal mein Zahnarzt zu Hause bieten!!! Naja, den Rest mache ich kurz: ich bekomme ein Provisorium, welches allerdings viel zu hoch sitzt. Da ich aber erst in einer Stunde richtig drauf beißen darf, kann ich das jetzt noch nicht monieren. So sehen sie mich am Nachmittag nochmal und der Zahnersatz wird auch diesmal anstandslos behandelt und abgeschliffen, so dass ich meine Beißerchen jetzt wieder richtig einsetzen kann. Hoffentlich über die nächsten Monate, denn es ist ja nur ein Provisorium. Bin mal gespannt, wann ich das nächste Mal davon berichten muss!!!!
Während Michèle das zweite Mal zum Zahnarzt geht, spleisse ich ein neues Auge in das Fall. Nun weiß ich auch, warum die Experten immer sagten, Fall umdrehen. Es war mehr als mühselig, in das Ende, das nun drei Jahre immer wieder unter viel Kraft gestanden hat ein Auge zu spleissen. Natürlich erst hinterher merke ich, dass ich mir Blasen an den Händen gemolken habe. Melken nennt der Seemann das Überziehen des Mantel über das restliche Tauwerk. Anfangs dachte ich, dass das überhaupt nicht geht. Dann habe ich mir eine Markierung einen Zentimeter vom Ende gemacht und gesagt: Wenn ich den reinmelken kann, dass nehme ich das Fall. Und dann noch einen und wieder einen Zentimeter. Am Ende hatte ich dann doch den gesamten Spleiss ordnungsgemäß hin bekommen. Ok – den allerletzten Teil habe ich dann mit der Winsch gezogen. Superzufrieden wollte ich Pause machen, da kam Michèle mit Yoshi im Schlepptau an. Also ging es gleich weiter: Vernähen des Spleisses. Dicke Nadeln gingen durch das harte Tauwerk gar nicht rein. Und eine dünne Nadel habe ich dann schon beim ersten Stich abgebrochen. Also: Es wird nicht vernäht.
Dann ging es das zweite Mal in den Mast, Fall wieder oben anbringen, das gesamte Rigg inspizieren, es steht ja nun wieder eine längere Fahrt nach Madeira an. Zwei Splinte mussten ausgetauscht werden, aber ansonsten noch alles im „Bermudas-Zustand“.
Nun hatte ich genug getan, wollte am liebsten essen gehen. Aber Michèle hatte nicht die rechte Lust dazu, so gab es Reste vom Braten gestern für mich. Und zum Sundowner brachte Yoshi dann wieder eine Ananas mit, die sind hier auf Sao Miguel zuckersüß und so saftig, dass wir ständig mit dem Lappen den Tisch abwischen mussten….
Tja – nach so einem Tag hatte ich mir die Dusche redlich verdient. Ist der Teil, bei dem man sich dann wie im Camping-Urlaub vorkommt. Denn hier in Ponta Delgada gibt es für jeden ein Badezimmer, da duschen wir nicht an Bord! Man schließt die Tür hinter sich ab und hat dann: einen Flur, da geht eine Toilette ab. Einen Vor- und Umkleideraum mit Waschbecken, Stuhl, Haken an der Wand und dann ganz hinten einen Duschraum. So einen Luxus hatten wir noch nie...