2022 07 15 Furnas - rauchende Erde

Fahrt und Wanderung: Warme Schwefelquellen in Furnas mit Wanderung zu dem und um den See.

Der Tag beginnt für mich um 00:30 Uhr. Ich wache nach 2 Stunden Schlaf auf und merke: Einschlafen ist nicht mehr. Also setze ich mich hin und arbeite die Homepage nach. Da sind wir mal wieder ein wenig in Verzug. Gegen 04:00 Uhr sind wir „up to date“ und ich verschwinde noch mal ins Bett. Lange Zeit ist heut nicht mehr zum Schlafen, denn wir wollen / müssen um 06:00 Uhr aufstehen: Um 06:50 geht heute der Ausflug los, denn der zweite Bus ist erst mittags und damit deutlich zu spät. Zu den warmen Schwefelquellen in Furnas soll es gehen.

So sitzen wir zu – für Michèle unchristlich früher Zeit – im Bus. Busfahren ist auf den Azoren recht billiges Abenteuer: Die Fahrer verstehen es, mit hoher Geschwindigkeit auch engste Straßen zu passieren. Zu den Dachfirsten oder Verkehrsschildern bleiben oft weniger als 10 Zentimeter. Als ein Moped von rechts auf die Straße schießt, beweist aber unser Fahrer sein Können. Wieder nur mit Zentimetern, aber er schafft es, den Moped-Fahrer nicht flach zu legen. Die ganze Besatzung im Bus stöhnt kollektiv auf. Und wir haben alle das Gefühl, dass der auf dem Moped gar nicht mirbekommen hat, wie viel Glück er hatte, dass der Fahrer so gut ist!

In Furnas angekommen werfen wir uns in unsere Regenjacken: Es ist nötig….
Das erste angesteuerte Cafe hat noch zu. Also weiter – an einem Flüsschen entlang zu einer der Attraktionen: Einer Wasserfall-Kaskade. Dabei kommen wir an einem Schwefel-Kneipp-Fußbad vorbei: Zumindest die Hand wird rein gesteckt. Wunderbar warm, da könnte sogar ich mir vorstellen, die Füße einzutauchen. (Zum Baden dann doch etwas „stinkig“ und auch zu flach…)
Um die Ecke das Cafe – hat zu. Der 7-Uhr-Bus ist eindeutig zu früh, der Ort ist auf den 12-Uhr-Bus eingerichtet. Aber hinter dem Cafe stehen die ersten Wolken in der Luft: Die Erde dampft! Und ab da steht der Fotoapparat nicht still. Überall quillt warmes Wasser aus dem Gestein oder es sprudelt gleich oder dampft! Und zischt und blubbert! Schon beeindruckend. Der Schwefel-Gestank hält sich in Grenzen, nicht schön, aber weit weg von eklig und unerträglich!

Nach den vielen Aufnahmen dann doch noch ein offenes Cafe gefunden. Immer wieder macht es Spaß: Für 2 Galao (Milchkaffee), ein Nata (portugiesische Süßspeisenspezialität) und ein Sandwich: 4,40 € - alles zusammen. Und wir beschließen, die Runde um „den See“ zu machen: Da soll ein weiteres Geysir-Gebiet sein und es soll überhaupt sehr hübsch sein.
Zunächst geht es bergauf! Oh weh, denke ich – dann wird der Abstieg zum See ja noch tiefer! Und weiter bergauf. Bis wir dann vor uns den See sehen: Ja – der liegt deutlich ÜBER der Stadt! Und an seinen Hängen tritt auch wieder Dampf aus der Erde und hängt über den Hängen des Kraterrandes! Ein Viertel um den See herum und wir werden um 3 € Eintritt gebeten. Gut – nachdem Michèle sich so über die fehlende Geschäftstüchtigkeit der Kaffee-Plantagen-Betreiber beschwert hat: Hier ist man geschäftstüchtig! Wir sollen uns beeilen: Die Töpfe werden gerade ausgegraben! ???? JA – die lokal ansässigen Restaurants haben hier Löcher, in die sie Eintöpfe einstellen, die dann 24 Stunden garen und am nächsten Tag „geerntet“ werden. Gut – es handelt sich um mittlere Beton-Ringe im Boden, die durch einen Holzdeckel verschlossen und dann mit Erde bedeckt werden. Aber es ist schon interessant, Erde zur Seite, Deckel auf, Topf mit 2 Mann rausheben, neuen Topf rein, Deckel drauf, Erde rüber. Topf in eine Art Golfkarren und ab geht es zum Restaurant, wo der Inhalt zu horrendem Geld – also für azorische Verhältnisse – verkauft werden.

Wir machen nun noch die Runde komplett: Schlamm- und Schwefel-Quellen können von einem Holzsteg begutachtet werden. Im Souvenier-Laden nur der übliche Nepp, an der Imbiss-Bude ein Eis? Nein – es ist zu kalt und regnerisch, da macht das keinen Spaß. Dann lieber eine Extra-Runde zu einem Wasserfall. Eine 500 Meter lange Strecken – gut das schaffen wir! Aber: Dann kommt am Waldesrand ein Ticket-Shop: 10 € pro Person für diesen Teil! Nee – das ist uns dann wiederum zu geschäftstüchtig! Wir verzichten auf den Wasserfall und nehmen das fallende Wasser aus dem Himmel als Ersatz.

Dann kommt der zweite Teil der Runde um den See. Guter Wanderweg, doch noch einige Leute, die uns begegnen. Einige Hozskulpturen, die uns an unseren alzeyer Kettensägen-Künstler erinnern. Eine große Station von bunkerartigen Gebäuden zur Erforschung und Überwachung der vulkanischen Aktivitäten hier. Dann ein Jardin: Wieder 10 € Eintritt. Michèle schimpft nicht mehr über die Geschäftsuntüchtigkeit hier. Sondern schlägt den Verzicht vor. Die eine Hauptattraktion des Jardin können wir auch von der Straße besichtigen: Eine ziemlich verwahrloste Kirche. Die andere Attraktion, ein min 10 Meter hoher Wasserfall, muss eben ohne unser Ah! und Oh! Auskommen.
Und dann der Tipp für Leute, die diese Tour auch gehen: Den See in die rechte Hand nehmen, also die Tour rückwärts gehen. Das spart den Eintritt!

Wir lösen uns vom See – und es geht zurück: Wieder aufwärts! Noch mehr Höhenmeter führen uns zu einem – zugegebenermaßen – phantastischem Ausblick auf die Stadt Furnas. Nur dann folgt ein Weg abwärts – sehr, sehr steil! Mehr als 20% schätzen wir. Ich knalle auch einmal hin – meine Turnschuhe sind doch mehr Slicks und der dauernde Regen….
Aber: Keine Verletzung, auch die Kamera im Rucksack übersteht es schadlos. Yoshi macht den „Kranich“. Mit weit abgestreckten Armen schafft er es, nicht hin zu fallen. Gut so. Michèle schimpft zwar, hat aber keine Probleme…

Auf dem Weg nun wieder Hortensien in Massen! Und mit Blüten – ich sage Kindskopfgroß! Aber dann hocke ich mich daneben: Es ist deutlich mehr als Mannskopfgroß! Wir sind so früh, dass wir uns noch einen kleinen Aufenthalt in einem weiteren Cafe leisten können. Und müssen feststellen, dass Maps die Haltestellen und Abfahrtzeiten nicht immer unbedingt genau kennt. Aber Yoshi quatscht ja gerne jede an – und hier hilft uns eine Portugiesin weiter: Nein – hinter der Kirche, nicht vor. Der Bus dreht – ungelogen – zwei (!) Runden durchs Städtchen und wir kommen also zweimal an der Stelle vorbei, die uns Maps vorgeschlagen hat. Also – auch ohne Haltestelle wären wir in den Bus gekommen. Unser Busfahrer hat es jetzt drauf: Geschätzt 40% der Zeit beobachte er die Fahrgäste in seinen beiden Innenraum-Spiegeln. Und bleibt auch mitten auf der Landstraße stehen, zieht die Handbremse, eilt nach hinten und ermahnt einen Fahrgast, die Maske ordentlich aufzusetzen. Weitere 40% der Zeit unterhält er sich – natürlich Angesicht zu Angesicht mit einem weiblichen Fahrgast auf dem vorderen, rechten Sitz. Und wären die Straßen in den Dörfern nicht so eng, siehe oben (!), wären es wahrscheinlich mehr als 50 %. Wer nun mitgerechnet hat: Ja, da bleibt nicht viel Zeit, um nach vorne zu schauen. Und es ist nicht so, dass die Straßen außerhalb gerade gerade sind und breit. Nein, bei Weitem nicht! Aber trotz Bedenken unsererseits kommen wir nach eineinhalb Stunden unfallfrei in Ponta Delgada an! Schön: Hier regnet es nicht, hat aber trotz des Anscheins von Sonnenschein einen feinen Niesel in der Luft. Das ergibt dann über dem Hafen einen herrlichen Regenbogen!

Überall dampft und sprudelt es: Furna, Sao Miguel