2021 11 25 Moby Dick

2021 11 25 Moby Dick

Position: 22° 17' N 019° 13' W Walsichtung

Nachmittags, 16:15 Uhr - ich schlage gerade das letzte Blatt im Buch "Moby Dick", Herman Melville, um, da ertönt gleichzeitig mit dem typischen Geräusch eines atmenden Wals Michèles Ausruf: Blas! Blas! Wal steuerbord achteraus!

Es ist kein Besuch, ein einzelner Wal zieht so 50 Meter hinter uns - vielleicht sind es auch 100? - seine Bahn. Wir kümmern ihn nicht. Ich sehe gerade noch den hinteren Teil des Rückens verschwinden. Fotoapparat schnappen und aufs Dach. Vermutung: Er müsste backbord achteraus das nächste Mal hochkommen. Genau wie im Buch hat auch mich das Jagdfieber gepackt. Es dauert. Und dauert. 10 Sekunden kommen einem wie Minuten vor. Da - viel später, aber ziemlich genau an der Stelle wie vermutet macht es einmal Pfffuuh. Gerade noch sieht man den runden Rücken, schon ist er wieder weg. Der schwimmt ganz langsam. Und es waren doch wohl eher 200 Meter. Mit dem Fotoapparat bin ich ja mindestens eine halbe Sekunde zu langsam. Das gibt immer nur "Abtauch-Fotos". Das dritte Mal ist er dann schon fast backbord querab. Und noch weiter weg. Die Bilder werden wohl nur zum Löschen gut sein. Aber das ist eben das Gute am Digital-Apparat. Mach erst mal, klick und drück ab. Wegwerfen kommt hinterher.

Ein viertes Mal sehen wir ihn nicht. Aber kaum ist Ruhe eingekehrt beginnt das Spiel von vorne: Steuerbord achteraus Atem und Blas. Wobei - der Blas ist sehr, sehr klein. Der Nächste bittet zum Schauspiel. Und nach ein paar Minuten kommt Nr. 3 vorbei.

Nicht lange danach kommt eine ganze Schule - wahrscheinlich Grindwale - auf dem selben Weg daher. Ist wohl so eine Wal-Autobahn. Die sind etwas verspielter als ihre dicken Kollegen. Und mehr. Einige kommen auf uns zu, aber das Tollen ums Boot rum, das Spielen in der Bugwelle bleibt aus. Bei der Geschwindigkeit von 1,5 bis 2 Knoten, die wir in der Flaute machen, sind wir wohl uninteressant. Michèle beschreibt es.

In der Nacht, die wieder mit ein wenig Meeresleuchten in Explosionsform beginnt, kommt eine Schule Delfine zum Boot. Da machen wir schon ein wenig Fahrt und sie bleiben lange genug, dass ich Michèle, die gerade schlafen gegangen war, noch mal hoch hole. Freude, aber dann: Ach, sind ja nur Delfine, ich geh wieder schlafen.

Ja - bei mir lösen auch Delfine immer noch eine unbändige Freude aus. Große Wale sind natürlich was ganz besonderes und ich hoffe, dass wir eines Tages auch mal einen ganz nah haben. Aber auch wenn "nur" Delfine uns besuchen stehe ich jubelnd an der Reling. Gerade denen merkt man ihre Lebensfreude und Neugier an.