2021 11 08 Der erste Tag „ARC“

2021 11 08 Der erste Tag „ARC“

Michèle berichtet!

Chrischan schläft sehr schlecht – ich bis 09:30. Immer sind noch keine weiteren Anweisungen gekommen. Aber immerhin ist der Tank zwischenzeitlich gefüllt. Und Chrischan war auch ins Büro, um nachzuhören wie das mit den „weiteren Anweisungen“ aussieht. Irgendwie scheinen diese Hafenbüroarbeiter nicht die schnellsten zu sein. Der in Puerto Calero war schon so extrem langatmig, dass es einem schwindelig wurde (ob des Ausbleibens des Sauerstoffs! ;-)). So auch hier. Aber wie auch immer, irgendwann hat er herausgefunden, dass wir ja an der Tanke liegen, an der ARC teilnehmen wollen und eigentlich seit gestern Abend auf weitere Anweisungen warten. Also gut, in 10 Minuten würden die Hafenmitarbeiter kommen und uns unseren Platz zuweisen. Gut, auch an diese längeren Minuten im Süden dieser Halbkugel werden wir uns wohl, wohl oder übel, gewöhnen müssen. Was dem Deutschen 10 Minuten sind, sind hier locker 30 Minuten.

In der Zwischenzeit berichtet Chrischan mir seine Erlebnisse während ich noch geschlafen habe: vom langsamen Büroarbeiter habe ich ja schon berichtet. Dann hat er sich sehr über den angenähten Knopf gefreut, jedoch hatte er beim Zuknöpfen so seine Schwierigkeiten: der aufmerksame Zuschauer wird den Fehler auf dem Foto schon bemerkt haben!!! WER näht Knöpfe auch so an??????? Sowas habe ich ja noch nie gesehen!!! Jedenfalls kann ich heute Abend den Knopf wieder abschneiden und dann erneut annähen….. Dann war er bei den Mülltonnen, um den Müll ordnungsgemäß zu entsorgen, als ihn jemand von hinten anspricht: “Hallo Chrischan, was machst du denn hier?“ Erschrocken dreht er sich um – er kennt doch hier niemanden!!! Um es kurz zu machen, auch nachdem sie sich noch etwas unterhalten haben, weiß er immer noch nicht, wer das war!!! Das Alter ist schon schlimm!!!!

Jedenfalls nach einer halben Stunde ruft Chrischan nochmal beim Hafenmeister an. Jaja, in 5 Minuten.
Diesmal sind die 5 Minuten etwas realistischer und 2 Marineros nähern sich uns und führen uns zu unserem Liegeplatz für die nächsten 2 Wochen. Wir haben noch nicht festgemacht – also nicht nur so dahergeredet, sondern wir sind tatsächlich noch beim Festmachen - da steht auch schon der Zoll da!!!!

(Falls ich mich schon über diese Gesellen aufgeregt habe, dann könnt Ihr diesen Absatz überspringen.) Sie überreichen uns ein Formular, das wir doch bitte ausfüllen sollen und noch vor der Abfahrt abgeben sollen. Ich habe schon befürchtet, ich müsste mir das einrahmen lassen und übers Bett hängen. Und es reicht auch nicht, dass einer dieses schwere Los überbringen muss, nein, die müssen mindestens zu dritt unterwegs sein. Heute ausnahmsweise mal zu viert!!! Als wir in England ankamen, dass es da Schwierigkeiten gab, war ja wegen des Brexits anzunehmen, aber nachdem wir England hinter uns gelassen hatten, dachten wir eigentlich, dass wir uns, bis zur Abfahrt aus Las Palmas noch in der EU befänden. Tja, krumm gedacht. Also, ich muss spezifizieren: Grenzübertritte innerhalb der EU per Auto, Fahrrad, Zug, Bus, Pedes oder Flieger, alles kein Problem. Aber wehe du kommst mit dem Boot. Halleluja, dann kannst du den Amtsschimmel mit seinen bescheuerten Fragen 10 Meilen gegen den Wind hören. Von England aus sind wir ja gleich nach Puerto Santo – gehört zu Madeira, also Portugal und somit zur EU - dachten wir, Ihr vielleicht auch. Jedenfalls hatten wir nicht sofort Zeit, um zum Hafenbüro zu gehen und am nächsten Tag war, klar, Mittagspause. Dort haben wir dann Yoshi getroffen, der uns darauf aufmerksam machte, dass wir UNBEDINGT zum Zoll müssten, denn wenn man das ein, zwei Tage verschlampen würde, bekäme man ordentlich Ärger!!!
Und das beste dort beim Zoll: „ja, also Sie müssen überall in Portugal zum Zoll…….und zwar in jedem Hafen!!!!“ Es reicht also nicht, dass ich mich einmal in Portugal einklariere, nein, ich muss mich in Porto Santo, dann in der Marina Quinta do Lorde auf Madeira wieder und wenn wir noch nach Funchal in den Hafen gefahren wären, dann dort auch nochmal beim Zoll melden!!!!. Also geht’s noch?? Haben die in Brüssel einen Sockenschuss? Ach, was frage ich!?!? Hier im Hafen also wieder dasselbe. Fragen über Fragen, eine bescheuerter als die andere und die Übersetzungen erst!! Sie versuchen es 3-sprachig: Spanisch, Englisch und Französisch. (bzgl. Boot: Farbe des Rumpfes, Farbe des Decks und der Brücke – für die armen Franzosen wird hier beide Male nach der Brückenfarbe gefragt, zwar mit anderen Worten, Bedeutung ist aber jeweils Brücke, wenn auch nicht unbedingt der seemännische Begriff dafür, aber man soll ja nicht kleinlich sein! Und nach der Farbe des Schornsteins wird gefragt. Eine Frage verstehe ich gar nicht, da die Bedeutung in jeder Sprache eine andere ist, ich mache einfach einen Strich dahinter und weil das so fix geht, streiche ich die nächsten 4 Fragen auch einfach nur durch. Wie mich dieser Sch…. nervt. Welche Marke, welches Baujahr, wie viele Motoren, aus welchem Material ist die Außenhülle, und so geht es noch etwas weiter. Dann soll ich die Namen der Crew angeben, natürlich bitte alles in großen Druckbuchstaben, klar, und bei KEINER Frage ist genügend Platz für eine Antwort vorhanden. In der Spalte neben unseren Namen wollen sie die „Passenger of Rank“ haben. Bitte WAS????? Mit Hilfe der beiden anderen Sprachen verstehe ich dann, dass es nicht „of“ sondern „or“ heißen soll. Bei der Übergabe dieses Formulars kontrolliert die Zöllnerin die Namen und die Nummern im Pass und will auch die Schiffspapiere sehen. Ein kurzer Blick reicht ihr um zu sehen, dass sie das eigentlich gar nicht kontrollieren will und beschließt, dass alles wunderbar sei!!! Wenigstens etwas. Ich bin also entlassen!

Danach gehen wir fix durch die Läden, um zu schauen was wir hier bekommen und was uns Thomas mitbringen soll. Ja, richtig gelesen: unser 2. Besuch hat sich angekündigt. Wir hatten Thomas gebeten uns ein paar Sachen zuzuschicken, da wir die hier nicht bekommen. Kurzerhand meinte er, dass er uns das Zeugs persönlich vorbeibringen will. Er bucht noch 20 kg Gepäck extra, damit auch alles mit kann. Und in diese 20 kg da können wir noch ewig viel weiter bestellen, das muss dann natürlich aber bis Donnerstag bei Thomas ankommen. Es gibt hier zwar jede Menge an Läden für Yachtzubehör aber genauso viel müssen wir bestellen, da sie das hier nicht führen.

Wieder zurück an Bord, fällt Chrischan ins Bett, da er sehr schlecht geschlafen hatte. Ich ziehe nochmal los um noch ein paar Vorräte einzukaufen. Dabei komme ich an einem Kreisel vorbei, in dem von 2 Polizisten der Verkehr geregelt wird. Wahrscheinlich funktionieren die Ampeln nicht – die Ampeln für die Fußgänger funktionieren jedoch. Ein Polizist steht quasi direkt auf dem Fußgängerüberweg und winkt die Autofahrer weiter zu fahren, also über den Zebrastreifen hinweg, was diese auch zügig tun. Zusätzlich ist die Ampel für die Fußgänger rot. Was hat das nun für die Fußgänger zu bedeuten? Nicht so einfach. Für einen als dickbäuchigen, glatzköpfigen, nicht-spanischen alten Kerl bedeutet das: zack über die Straße rüber, was er auch sofort versucht in die Tat umzusetzen. Die Autofahrer steigen in die Eisen, der Polizist gibt ihm per Handzeichen zu verstehen, dass er wieder zurückgehen soll. Das interessiert ihn aber nicht und er marschiert weiter. Der Polizist kommt auf ihn zu, sagt ihm, dass er umdrehen soll, was den Kerl aber immer noch nicht dazu anregt umzudrehen. Bis der Polizist ihn unter lautem Protest von Seiten des Irren, zurückschiebt auf die Startposition und er zetert weiter.

Abends gehen wir ins „Pier 19“ zum Essen: phantastisch, kann ich nur empfehlen!!!

© 2020 C. Fuhrmann