Michèle berichtet!
Heute geht es endlich, endlich los!! Als ich aufwache, ist Chrischan schon fleißig dabei das Boot startklar zu machen: Alles ordentlich verstauen, den GrabBag noch einmal checken und alles Nötige reinpacken, das Beiboot seeklar machen und vieles, vieles mehr.
Derweil nutze ich die Gelegenheit für einen letzten Einkauf im Yachtzubehörladen, der extra diesen Sonntagvormittag für die ARC geöffnet hat. Zwei Splinte und ein Netz soll ich noch besorgen. Das Netz soll achtern auf der "Terrasse" aufgespannt werden, um darin Grünzeug zu lagern. Die richtige Größe der Splinte haben sie aber nicht vorrätig, ich nehme schnell zwei in der ähnlichen Größe, das Netz und gehe wieder zum Boot.
Auf den Stegen ist ein Gewusel von Crewmitgliedern, Besuchern und Fotografen unterwegs; wie auf dem Jahrmarkt. Um 12:30 ist der erste Start, der nächste um 12:45 und der dritte um 13:00. Um 10:15 fahren die ersten Boote schon raus, und das sind noch nicht mal welche aus der ersten Gruppe. Damit ist der Startschuss für alle weiteren Lemminge gefallen; ein Boot nach dem anderen verlässt den Hafen, sodass wir, wenn wir los wollen, schön Platz haben! Ich verstehe allerdings nicht, wieso die alle so früh raus wollen, denn über die Startlinie dürfen sie eh noch nicht - es sind sogar Strafpunkte vorgesehen, sollte einer frühzeitig über die Linie. Außerdem müssen sie sich dann vor der Startlinie tummeln, am besten noch unter vollem Segel, und die Gefahr einer Kollision steigt mit jedem unnötig da kreuzenden Boot. Wir starten auch in der ersten Gruppe. Wir haben uns lange überlegt, wie wir dem Gewusel entgehen können: erstmal alle Starts abwarten, das wäre meine Option gewesen, aber da meint Chrischan, dass das unhöflich sei. Keine Ahnung wieso. Wenn ich denen den Vortritt lasse, hat doch niemand darunter zu leiden!? Wir entscheiden uns letztendlich um 11:45 den Hafen zu verlassen. Da die Ziellinie ein gutes Stück weg ist, müssen wir locker 20 Minuten für den Weg dahin einplanen. Unter Gegröle, Gehupe und Gejohle geht es aus dem Hafen raus.
Draußen tobt der Bär. Wir fahren gemächlich dahin, während wir ab und zu von ein paar Rasern überholt werden. In diesem Riesengetümmel will Chrischan tatsächlich die Segel hissen. Je näher wir dem Startbereich kommen, je unübersichtlicher wird es! Ok, Chrischan geht jetzt aufs Dach, um das Segel klarzumachen, ich soll das Großfall hochziehen. Gesagt getan. Plötzlich kommt die Order "Großfall runter", ich verstehe das nicht! Einerseits weiß ich schon, was gemeint ist, nur andererseits kann das ja nicht sein, da wir die Segel ja hissen wollen und nicht runterziehen wollen. Ich muss also wieder die Begrifflichkeiten durcheinander geworfen haben. Mist, was will er bloß? Die Order wiederholt sich und wird immer dringlicher und lauter, allein, ich kann es nicht umsetzen. Was soll das bloß heißen? Etwas später entscheide ich mich dann, dass es tatsächlich das bedeuten soll, was es heißt und ich gebe das Großfall wieder lose. Gleich drauf soll ich es wieder hochziehen. Ja, das verstehe ich. Also hoch damit. Jetzt wieder:"Großfall lose" Was ist nur los????? Das hat es bisher noch NIE gegeben. Jetzt im größten Getümmel - die anderen Boote kommen von rechts, von links von vorne und von achtern, und immer müssen wir checken, wer denn nun Vorfahrt hat - müssen wir Segel hissen, dann wieder runter, dann wieder hoch, dann wieder runterziehen bis es endlich beim 3. Mal komplett hochgezogen werden kann. Erklärung: das VERDAMMTE Teil hatte sich zweimal verhakt, so, dass Chrischan es immer wieder bergen musste!
Jetzt noch 5 Minuten bis zum Start - nur, wo ist dieser? Irgendwo zwischen einer gelben Boje und dem Kriegsschiff. Das Kriegsschiff sehen wir zwar, aber keine gelbe Boje, nur eine rote. Egal, vor uns sind 3 Katamarane, die also in derselben Kategorie wie wir starten und in der Hoffnung, dass die etwas mehr Überblick haben, segeln wir denen einfach hinterher. 9 Minuten nach dem Startschuss passieren wir die Startlinie und sind im Rennen! Jetzt wird das Gewusel auch etwas übersichtlicher, da alle in dieselbe Richtung segeln und keiner mehr querschießt.
Da wir noch Internetzugang haben, kommt von einem unserer Freunde, der das "Rennen" verfolgt, etwas irritiert der Hinweis, dass wir die falsche Richtung eingeschlagen hätten. Das stimmt leider, denn der Wind kommt von vorne und so müssen wir ausweichen.
Sehr spät, zu spät, wenden wir. Wir bilden jetzt das absolute Schlusslicht, das ist schon etwas frustrierend. Aber wir bleiben stoisch und benutzen keinen Motor. Wir dümpeln langsam vor uns hin und schon am Abend sehen wir keine weiteren Boote mehr. Ich hatte eigentlich die Befürchtung, dass sich das Feld wegen des schwachen Windes etwas langsamer verziehen würde. Als Schlusslicht braucht man sich also wenigstens keine Sorgen um sich nähernde Boote zu machen. Zumindest nicht von den ARC-Seglern. Es ist halt nichts so schlecht, als, dass es nicht auch etwas Gutes hätte!
Abendessen und dann geht Chrischan ins Bett. Der Wind nimmt noch weiter ab bis zu 3 kn und dreht nun auf achtern. Eigentlich eine gute Gelegenheit, um den Parasailor zu setzen. Aber wir haben dafür noch nichts vorbereitet und den dann im Dunkeln auszubringen, finde ich, muss nicht sein.
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Wind sich wieder komplett dreht. Wir lassen es also und um 03:00 übernimmt Chrischan nun die Wache.