Heute: Langer Schlag nach Süden.
Der Tag beginnt früh. Um 6 Uhr bin ich schon dabei, seeklar zu machen. Das meiste war gestern Abend schon vorbereitet. So beginnt das Ankerauf-Manöver um 06:05 Uhr. Im Dunklen! Und dauert! Als erstes hat der Reiter (Bleigewicht, das an die Kette angebracht wird) die Kette zwischen Anker und ihm selbst „eingesammelt“. Und so sehe ich dann im Licht der Taschenlampe drei Ketten am Reiter. Schnell mal hochheben schaffe ich nicht. Und rechne: Reiter – 25 kg. Ca. 15 m Kette – 30 kg, Anker – 33 kg. Bald 90 kg, die ich eben nicht mit einem Arm, vornübergebeugt über den Seezaun einfach hoch hebe.
Das Ganze ist natürlich mit dickem, schwarzen Mudd garniert. Den spritze ich ab, lasse die Kette ein wenig raus, hole sie rein und dann kommt – gerade noch rechtzeitig – der Hilferuf aus dem Steuerstand. Wir treiben auf die Boote am Steg zu. Keine 10 Meter mehr trennen uns. Klar – den Anker selbst habe ich bei den Versuchen längst ausgebrochen. Der hält nichts mehr.
Und so flitze ich in den Steuerstand. Ein Motor voll rückwärts, einen leicht vorwärts, dann dreht RE auf der Stelle. Eigentlich. Also – wenn der Wind einen nicht weiter treibt. Endlich ist das Heck im Wind und ich kann rückwärts „Land gewinnen“. Also – freien Seeraum…
Dann wieder nach vorne. Irgendwann bekomme ich den „Überschlag“ aus der Kette raus und habe nur noch eine kleine Kettenbucht am Reiter. Da muss ich nicht den Anker mitheben, um nun den Reiter an Deck zu bekommen. Da kann ich ihn von der Kette lösen und weiter Kette einziehen.
Also – denke ich. Nur: Funktioniert nicht! Um die Kette, die nun hoch kommt, hat sich ein Spiral-Gartenschlauch gewickelt! Und den bekomme ich natürlich nicht durch die Ankerklüse. Und klar: Wir treiben wieder auf die Boote am Steg zu. Also wieder in den Steuerstand und mit viel Motorkraft RE aus der misslichen Lage befreien! Dann wieder nach vorne. Und auch hier: Irgendwann habe ich den Schauch so, dass ich die Kette weiter ziehen kann. Schlauch losdrehen, Anker endlich ganz aufholen. Ich sehe gut aus: Klar, dass eine Menge Mudd auch auf mich gespritzt ist. Das Vorschiff ordentlich sauber machen? Fehlanzeige. Denn Michèle möchte mich in den engen Hafengewässer lieber im Steuerstand haben.
Doch was dann folgt, entschädigt für die frühen Mühen. Der Wind ist ordentlich. Zumindest, was die Richtung angeht. Die Stärke ein wenig zu viel. So wird das Logbuch voll heute mit den Bemerkungen, Groß gerefft, ausgerefft, Reff 2, zurück auf Reff 1. Und die Fock ebenso. Bis zu 33 kn Wind in der Spitze. Das ist schon ganz ordentlich. Doch – wir machen gut Fahrt. Am Ende des Tages trotz des langsamen Ankeraufs 6,4 kn Durchschnitt. Und wir kommen – das hätt ich mir nie träumen lassen, mit Sonnenuntergang auf der Ostseite von Point Lookout an. Damit haben wir die beste Position für die nächsten Tage mit Gegenwind!
Whow – was für ein Tag! Nur für Büroarbeiten oder Beiträge habe ich keine Zeit gefunden….