2021 09 22 Geräusche

Bei mondheller Nacht übernehme ich um 03:00 Uhr die Wache.

Position (GMM): 33°31.305'N 15°46.078'W

In den nächsten Stunden wird der Wind konstant schwächer und ich reffe nacheinander Fock und Gross aus. Manche Geräusche sind damit weniger geworden, andere treten nun in den Vordergrund.

Im Schiff ist es laut. In den Rümpfen hört man das Wasser vorbeigleiten. Im Salon und in Cockpit hört man die Hecksee. Dann klappert oder klöngt immer irgendein Tampen irgendwo.

Aber das ist nicht alles. Ein Knarren, Quitschen, Knacken zeigt an, dass das Schiff insgesamt arbeitet. Es besteht ja aus einer relativ dünnen Aussenschale und da reingesetzt eine Innenschale, in die dann die Möbel verbaut sind. Relativ unangenehm ist eine solche "Reibestelle" links über unserem Bett. Da würde ich schon gerne Kleber reinspritzen oder den Bereich ausschäumen.

Bei höheren Windgeschwindigkeiten klatschen die Wellen an den Rumpf. Das kann ein einfaches Platsch sein, ein sattes Rumpf oder ein alarmierendes Woooom. Das passiert gerne, wenn eine Welle von unten an unseren Salon-Boden schlägt. Wir sind inzwischen daran gewöhnt, aber bei den ersten Schlägen waren wir hoch alarmiert. Dann kommen manche Wellen so von achtern, dass sie nur einen Rumpf erwischen und das Boot erbebt. Und leider wieder im Bett sind die Propeller zu hören. Durch den Fahrtstrom angetrieben drehen sie sich mit. Bis 8 Knoten Fahrt durchs Wasser darf man den Rückwärtsgang einlegen und sie stehen. Da wir aber eine Menge Wind hatten in den letzten Tagen, musstes sie oft ausgekuppelt werden und die drehten. Das hört sich im Bett immer wie heulender Wind an. Auch hier mussten wir uns erst daran gewöhnen, dass der wirkliche Wind nicht zu hören ist und auch nicht so schlimm klingt!

Wild werden die Geräusche aber in der Nacht, wenn man selbst still in der Ecke sitzt oder im Bett gerade versucht, einzuschlafen. Da hört man recht leise das Horn einer Lokomotive, einen Werkssirene in weiter Entfernung oder das Radiogemurmel einer Gesprächsrunde Männer. Im Laufe der Zeit haben wir allen Geräuschen eine Quelle zuordnen können.
Aber dann kommt plötzlich ein einmaliges Geräusch dazu, das so selten ist, dass man es nicht erklären kann. So hat mich gestern ein Hund ins Cockpit gerufen. Eindeutig Bellen. Natürlich nicht mehr, nachdem ich raus war. Und auch nie wieder. Auch Michele hat das in ihren Wachen nicht gehört. - Also den Hund haben wir noch nicht gefunden.

Und dann kommt ein wieder alarmierendes Geräusch. Aber der Alarm ist schön. Entweder im Rumpf ist das Zwitschern und Quitschen von Delfinen zu hören oder oben hört man das Ausatmen, wenn sie zum Luftholen an die Oberfläche kommen. Dann nichts wie raus und unsere Freunde begrüßen!

Jetzt im "richtigen" Atlantik haben wir das nicht mehr. Aber im Englischen Kanal und in der Biskaya war das ja schon tagesbegleitend.
Nun stehen wir - inzwischen ist es 08:30 Uhr (bei Euch zu Hause als 09:30) - noch 36 Meilen vor Santo Porto, der nordöstlichen Insel von Madeira und werden so gegen 16.00 Uhr da ankommen.