2021 10 26 Überfahrt nach Puerto Calero – Lanzarote

Michèle berichtet!

08:00 Anker lichten. Um diese Uhrzeit ist es doch noch sehr frisch, wir ziehen lange Hosen an. Und vorne am Ankerspill, wo ich den Anker hoch-wuchten soll, weht der Wind noch etwas kühler, da wäre jetzt sogar ein Pulli nicht verkehrt. (Also „hochwuchten“ bedeutet „auf einen Knopf drücken“) Wir motoren bis wir aus dieser en-gen Durchfahrt zwischen La Graciosa und Lanzarote mit dem Wind direkt von vorne durch sind und setzen dann erst die Segel. Der Wind weht mit max. 20 kn, also nett zum Segeln. Da der Wind, wie üblich, nicht so 100% aus der richtigen Richtung weht, überlegen wir den Parasailor zu setzen. Wir sind aber beide zu faul dazu und lassen es so laufen. Zwischenzeitlich haben wir sogar eine Geschwindigkeit von 7 kn über Grund, also was soll’s?

Kurz vor 17:00 erreichen wir unseren anvisierten Hafen: Puerto Calero, ein Sportboothafen, der 1986 erbaut wurde und mittler-weile auch ein ganzes Dörfchen hinter sich gruppiert. Wir funken den Hafen an und bekommen auch sofort Antwort: zuerst am Tanksteg festmachen – keine Ahnung wo der ist! Immer diese Ansagen, mit denen man nichts anzufangen weiß!!! Aber gut, wir fahren mal rein, irgendwo wer-den wir diese Zapfsäule schon finden. Wir sind kaum drinnen, winkt uns auch schon ein sehr freundlicher junger Mann zu und dirigiert uns zu unserem, leider bloß vorläufigen, Anlegepunkt.
Dieser ist längsseits zwischen zwei Riesentrumms gelegen, und da der Wind uns genau dagegen drückt, ist das Anlegen kein Problem und außerdem hilft uns der nette junge Mann, der übrigens ein hervorragendes Englisch spricht; wahrscheinlich ein Student, der sich etwas dazu verdient, jedenfalls kein „normaler“ Hafenarbeiter. Mit seiner Funke in der Hand, bespricht er sich mit dem Hafenbüro; ob wir reserviert hät-ten, ob wir schon alle Papiere eingeschickt hätten – beides bejahen wir. Es dauert trotzdem und dauert.

Irgendwann verschwindet er kurz und kommt mit einigen Papieren zurück, ob wir die schon ausgefüllt hätten, ja, auch das haben wir!
Hmmm, das Büro findet diese eine Mail nicht. Ich sage, dass, wenn sie nicht tagtäglich ein paar Millionen E-Mails an zufällige Adressen verschi-cken, müssten sie unsere 1. Mail erhalten haben, anderweil sie uns nicht hätten anschreiben können, um noch weitere Papiere zu verlangen. (Diese 2. Mail hatten sie nämlich erhalten.) Dem jungen Mann leuchtet das ein, den Mitarbeitern des Büros wohl nicht so sehr. Aber irgendwann hat sich das auch irgendwie erledigt und wir bekommen einen Platz zugewiesen.

Ganz nach hinten, erstmal ist uns das egal. Das soll sich aber bald ändern. Bevor wir ablegen, lassen wir noch ein Einrumpfboot vorbei und fragen, wo die anlegen wollen. Der junge Mann meint, dass die in eine andere „Straße“ reinfahren müssen. Wieso ist das wichtig? Wir können doch kurz anhalten, den einparken lassen und dann unseren Weg weiter-fahren!? Ebendas ist mit einem Boot, wenn noch, wie hier knappe 20 kn Wind wehen, nicht möglich: stehenbleiben bedeutet vom Wind weggeweht zu werden. Und in diesem doch sehr, sehr engen Hafen ist das nicht ganz ungefährlich.
Wir fahren also los und gleich als wir neben unserem dicken Trumm stehen, kommt uns ein Boot hafenauswärts entgegen. Mist. Gott sei Dank reagiert dieser Skipper aber gut und gibt etwas Gas, so dass er an un-serer Backbordseite in breiteres Gewässer ausweichen kann. Wir fahren weiter, Sch ……… ist das alles eng hier ……… und natürlich geht das Boot vor uns in dieselbe „Straße“, es hat zwar einen anderen Steg als wir , aber es liegt rückseits von Steg I während wir an der Vorderseite von Steg J anlegen sollen! Als wir an unserem Steg ankommen, muss Chrischan wenden, um rückwärts in diese Straße einzufahren! Wendemöglichkeit fast gleich Null, denn entlang der gesamten Kaimauer liegen natürlich auch Boote und zwar die ordentlich breiten, die in keine Liegebucht reinpassen, was natürlich die Wendemanöver noch weiter einschränkt. Und, wie soll es auch anders sein: der Halter dieses Bootes hat natürlich KEINE Fender außenbords hängen! Klar er braucht den Schaden auch nicht zu bezahlen, aber Ärger hat er im Zweifelsfall trotzdem. Ich verstehe sowas nicht! Bei uns würden in solchen Fällen alle noch verfügbaren Fender außenbords hängen. Aber wahrscheinlich ist unsere Sch.-drauf-Mentalität noch nicht ausgeprägt genug!
Weiter im Text: Das erste Wenden klappt nicht, da der Wind uns ver-setzt. Ich bin fertig, um den Hafen wieder rückwärts zu verlassen, das wird doch nie was, alles viiiiiiel zu eng hier!!!! Bloß raus aus diesem Loch!! Aber diesen Kampf muss ich mit mir selber ausmachen, Chrischan ist hochkonzentriert und will es ein 2. Mal versuchen und ich kann ihn jetzt nicht nerven. (Er will offensichtlich nicht raus – bei sowas packt ihn dann regelmäßig der Ehrgeiz!) Er setzt zum 2. Wendemanöver an, welches aber ……… sehr gut gelingt. Wir fahren jetzt rückwärts in diese Straße rein aber ich sehe nirgendwo unsere Bucht!!!! Da ist alles voll!!!!!! Nun gut, sie soll ganz hinten am Ende dieser Straße sein; hoffen wir mal! Chrischan fährt hochkonzentriert sehr nahe an den an unserer Backbordseite liegenden Boote vorbei, die einen haben Bugspriete gefühlt 10m nach vorne ragend, andere Solarpaneele nach vorne raus, alles muss umschifft werden, außerdem drückt uns der Wind zur Steuerbordseite. Aber Chrischan manövriert das Boot gut an den anderen Booten vorbei. Ah, da ist tatsächlich noch eine freie Bucht und 2 Männer stehen auch schon parat, um zu helfen. Ich werfe die erste Leine zu, natürlich fällt sie ins Wasser, der 2. Wurf gelingt. Dann schnell wieder auf die andere Seite laufen, um Chrischan durchzugeben, wie viel Platz noch ist.

Alles passt, ich laufe wieder nach achtern um die 2. Leine rüber zu geben, diesmal ohne Wasserkontakt. Dann auf die andere Seite, um das Boot dort festzumachen. Andererseits, sobald Chrischan die Bucht ordentlich „getroffen“ hat, wären auch ÜBERHAUPT keine Leinen mehr vonnöten, da die Bucht so eng ist, dass wir achtern mit den beiden dicken Fendern an den Seiten eh festgequetscht sind! Es ist geschafft! Und der 2. Mann, der uns beim Anlegen geholfen hat, ist der Skipper unseres Nachbarbootes, auch ein Katamaran, aber einer für Touris, d.h. er fährt mindestens einmal pro Tag aus dem Hafen rein und raus, meint, auf meinen Spruch hin, dass dieses doch ein sehr enges Hafengelände sei, dass ich mit Chrischan doch einen sehr guten Skipper hätte. Zweimal sagt er das! Da fühle ich mich doch gleich mitgebauchpinselt!!!!

Jetzt eine Tasse Kaffee, resp. Tee, dann gehe ich duschen und danach in den Supermarkt. Dort kaufe ich mir eine Literflasche Wod-ka (ich denke für 13€ ein Schnäppchen zu machen - vielleicht sollte ich doch noch etwas mehr Wodka trinken, um mich mit den Preisen besser aus-zukennen) und gönne mir einen Tequila sunrise ohne Tequila aber mit Wodka!!!! Das brauche ich jetzt! Sch…… auf die Leber, die wächst ja bekanntermaßen mit ihren Aufgaben!
Chrischan bekommt als Welcome-Drink ein Sektchen. Jetzt ist es aber auch schon 19:30und wir ziehen los zum Inder - unser „Empfangsstudent“ hat uns von einem indischen Restaurant berichtet. Und darauf habe ich jetzt große Lust. Auch wenn die Buchten und Wasserwege in diesem Hafen alle sehr eng und knapp angelegt sind, so ist die restliche Infrastruk-tur dieses Hafens doch die beste, die ich bis jetzt gesehen habe. Jede Menge Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Leihwagenservice, Dusch- und Waschmöglichkeiten, je, alles was der moderne Segler so benötigt. Bis auf ordentliches Yachtzubehör, dafür müssen wir dann wohl doch in das nahe gelegene Puerto del Carmen. Vielleicht gibt es da was!? Und sehr sauber ist es auch; es gibt hier sogar an jedem Laternenmast ein kleines Kästchen für die Zigarettenstummel. Im Restaurant finde ich auch schnell was: immer das Gericht mit den meisten Chilis hinter dem Namen. Dieses hat 5! Mal schauen, ob diese 5 auch halten, was sie versprechen. Meistens ist dieses extremadamente scharfe dann doch nur so gewürzt, dass man zwar irgendwo in der Speisekammer der Küche eine Chili erahnen kann, nicht jedoch im Gericht. Egal. Dieses Gericht ist jetzt, endlich einmal, schön scharf! Auch unsere Vorspeise war super lecker. Tolles Restaurant!

Position: Puerto Calero, Lanzarote

© 2020 C. Fuhrmann