2023 05 26 Delfine und ein toter Wal

Überfahrt: nach La Palma.

Der Tag beginnt mit Weckerklingeln. 06:30 Uhr – raus aus der Koje. Michèle darf weiterschlafen, ich gehe um 07.00 Uhr ankerauf. Leider unter Motor geht es heute nach La Palma. Und wie das so ist bei kurzen Seefahrten – ich habe viel zu tun. Nach dem Seeklar und Ankerauf gibt es erst mal eine Tasse Tee. Im Steuerstand sitzend begutachte ich das Wetter, natürlich im Wesentlichen den Wind. Sollte er wie so üblich 5 Knoten stärker als vorhergesagt sein, dann könnte es eine schöne Segeltour werden. Kaum raus aus dem Windschatten von La Gomera zeigt der Windmesser auch schon das erste Mal kurz über 10 kn an. Und das genau von der Steuerbordseite! Prima! Segel setzen. Das wird keine rauschende Überfahrt, aber erst mal ein paar Stunden segeln und den Raddeldaddel da hinten ausmachen! Ruhe!

Doch kaum ist das Segel komplett oben, dreht der Wind und kommt direkt von vorn. Da könnte man abfallen (also den Kurs ein wenig weg vom Wind anlegen). Aber er hat jetzt nur noch 3 – 6 Knoten. Das bringt es nicht. Also – Segel wieder runter. Vom vielen Krach angelockt kommt Michele kurz an Oberdeck. Verkündet aber, dass sie weiter schlafen will. Kaum ist alles schön eingepackt, da springen Delfine vor den Bug! Prima, ab in den Bugkorb. Die Delfine scheinen länger bleiben zu wollen. So klopfe ich wie wild aufs Oberdeck und richtig – Michèle kommt und freut sich mit mir! Es bleibt sogar Zeit die Kamera rauszuholen. Das Filmchen gibt es unten zu sehen!

Doch die Action geht weiter. Im Funk kommt auf Kanal 16 eine „navigational warning“. Spanier können schnell sprechen. Sehr schnell. Und wenn sie das auf Englisch tun, dann rauscht es nur in meinen Ohren. Also rufe ich zurück: „Please repeat all after this is…“ Geduldig – und anscheinend wohl wissend, warum ich zurück rufe, wird der Funkspruch wiederholt. Nun dauert es zwar dreimal so lange, aber ich kann die wesentlichen Punkte mitschreiben: Position, Uhrzeit und: Es handelt sich um einen großen, toten Wal! Am Ende bedankt sich der Funker sogar dafür, dass ich nachgefragt habe!!!

Doch der Fluch der guten Tat folgt Minuten später. Ich bekomme es gar nicht mit, denn ich hänge mit dem Kopf im WaterMaker. 140 Liter entsalzenes Wasser brauchen wir für einen vollen Tank! Aber Michele alarmiert mich: Eh – die rufen uns. Richtig, noch mal der Funker von vorhin. Er hätte ein Gespräch für uns! Ooops - ???? Dann wird zu uns durchgestellt eine weibliche Stimme. Vorschriftsgemäß wiederholt sie ihren Anruf dreimal. Sonst hätte ich es nicht verstanden… Das MRCC Tenerife! Das ist das Maritime Rescue Coordination Center. Hier eben Tenerife. Die sind weltweit verteilt und zuständig, Seenotfälle zu behandelt. Quasi die 112 zur See. Ob wir den Wal gesehen hätten? Nein. Wir sind auf dem Weg zu einer Position, die noch bald 4 Meilen von der Wal-Position entfernt ist. Und das dauert noch 2 Stunden. Ok – aber ob wir Ausschau halten mögen und bei Sichtung Kontakt aufnehmen? Natürlich!

Und das Ausschau halten bringt dann neue Action: Einen Wal sehen wir nicht. Aber Plastik. Gut – gemäß den Verhaltensbitten des TO (TransOcean) wollen wir das „fangen“: Catch of the day! Kursänderung, Ketcher klar machen, aufstoppen und einfangen. Kaum sind wir wieder auf Kurs: Plastik! Das Spiel beginnt von vorne. Diese mal ist es eine wohlgefüllte Mülltüte. Und was soll ich sagen? Kaum sind wir wieder auf Kurs: Plastik! Das Spiel beginnt noch mal von vorne. Diese mal ist es wieder eine Plastik-Flasche. So spiegelglatte See und Ausschau halten hat schon so seine Nachteile. Kaum auf Kurs … Doch dieses Mal ist die von Michèle entdeckte Flasche achteraus. Da entscheide ich: Nee – wenn wir jetzt anfangen zurück zu fahren, dann kommen wir wieder nach La Gomera. Das will ich nicht! Bis querab. Mehr wird nicht eingesammelt!

Der WaterMaker „hat fertig“ und ich kann nun weiter Filme schneiden und Beiträge schreiben. Nein – wieder Delfin-Alarm. Diese Mal aber schauen sie nur kurz nach, ob wir es noch sind und verschwinden schneller, als ich filmen kann…

Doch Ruhe gibt es noch lange nicht. An der Südspitze von La Palma bin ich es wieder, der Alarm gibt: Wale! Bring die Kamera mit! Doch die 5 Sekunden kosten Michèle dann den besten Blick. Keine 5 Meter querab ist der nächste, etwas weiter eine kleine Schule von Pilot- oder Grindwalen. Doch sie drehen gelangweilt ab und sind dann nur noch achteraus auszumachen, wenn sie Luft holen.

Gegen 16.30 Uhr hat die Raddelei ein Ende: Wir werfen Anker vor Tazacorte, La Palma. In der Einfahrt fischen wir noch eine - leider defekte - Lampe aus dem Wasser. Also unser Tagessoll an Müllsammeln haben wir heute erfüllt!
Und wir haben den Eindruck, der Vulkan raucht noch. Oder ist es dampfen? Egal – das werden wir in den nächsten Tagen eruieren!

Delfine vorm Bug

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