2022 10 12 Radazul nach Granadilla

Weiter nach Süden: Radazul nach Granadilla, wir natürlich wieder auf dem Seewege.

Mit dem Sonnenaufgang habe ich mich aufgemacht, einmal um den Hafen zu wandern. Die Fotos des gestrigen Tages sind dabei entstanden. Und dann ging’s los. Seeklar war in einer Minute, Leinen los bis auf Mittel- und kleiner Achterleine. Da half dann Michèle, die ich zu dieser unchristlichen Zeit befehlsgemäß geweckt hatte. Ablegen, um die Hafenmole zirkeln, Fock hoch ziehen. Das war alles in 5 Minuten erledigt. Motor aus: Michèle ins Bett geschickt. Erst mal unter Fock anschauen, was der Wind macht, ob ich den Para setze? Aber als wir aus dem Windschatten rauskommen haben wir über 20 Knoten Windgeschwindigkeit. Damit machen wir bis über 6 Knoten Fahrt. Reicht!

Von hinten kommt die MARGUERITE. Eins dieser Spaßboote in der 60-Meter Klasse. Genau auf uns zu. Michèle recherchiert: 450.000,- € / Woche + Betriebskosten Charter!
Und von vorne kommt – mit über 5 Knoten Fahrt – die OCEAN GREATWHITE – einer der weltgrößten halbgetauchten Ölbohr-Plattformen. Auch genau auf uns zu!
So in die Zange genommen fühle ich mich nicht wirklich wohl und sitze deswegen die ganze Zeit im Steuerstand. Klar – wir sind Segler und haben Vorfahrt. Doch bei 61.000 Tonnen werden die auf der Plattform nicht mal einen Rumms hören, wenn sie uns versenken. Die MARGUERITE hat endlich eine Einsehen und dreht etwas ab. Unter einer halben Seemeile (also 1 Kilometer) empfinde ich es ja als Fast-Kollision. Aber es geht klar und kaum haben wir die MARGUERITE steuerbord querab, drehe ich nach rechts ab. Auch die OCEAN GREATWHITE hat dann als nächsten Punkt zu uns kaum eine halbe Seemeile. Und dann können wir wieder zum Tagesgeschäft übergehen: Segeln ist ja eine wunderbare Art des Nichtstuns!

Schnell kommen wir auf Granadilla zu, drehen ein und finden hinter der Hafenmole ein gut wellengeschütztes Eckchen zum Ankern. Nur – die Bucht ist von den folienden Surfern belegt. Doch die sind so schnell, dass wir denen nicht ausweichen können. Also dampfen wir die letzten 300 Meter unter Motor zum vorgesehenen Platz. Der findet auch bei Michèle Zustimmung.

Den Nachmittag verbringe ich in meiner Sitz-Hängematte und erfreue mich an den Surfern. Der Wind ist für sie stark genug, dass sie – zumindest die Geschickteren – sich nach ein paar Metern aus dem Wasser erheben und dann mit Wahnsinnsgeschwindigkeiten über die Bucht brettern. Einer – ich habe ihn Holländer getauft, da er so viel Oranje hat – lernt es nur schwer. Immer wieder fährt er mit ca. 1 – 2 Meter Abstand an unserem Heck entlang, gerät in unseren Windschatten und klatscht ins Wasser. Alle anderen halten eher 10 – 15 Meter Abstand. Dann sieht man ein kleines Nicken, wenn sie in den Windschatten kommen und schon sind sie wieder im Wind und es geht weiter. Nur mein Holländer… Gerade als ich mich entschließe, ihn auf eine Tasse Kaffee einzuladen, wenn er mir das nächste Mal wieder eine Vorführung gibt, entschließt er sich, auch Abstand zu halten…

Ach ja – dann kommt ein – wirklich! - holländischer Katamaran zu uns in die Bucht. Und hält vierkant auf uns zu. Michèle zetert schon wieder rum: Diese große Bucht, warum muss der auf wenige Meter an uns ran? Am Ende geht er schräg vor uns mit einem Abstand von 80 Metern auf Anker. Das ist ok – und nicht französisch, wie wir bemerken. (Das wären eher 20 Meter Abstand gewesen, aber Holländer sind eben doch auch ein klein wenig Seeleute!)

Und zur Nacht kommt ein Monohull rein. Wieder vierkant auf uns zu, ist aber ein Däne. Der ankert ein Kabel (ca. 180 Meter) hinter uns. So ist Seemannschaft!

Begegnung mit der OCEAN GREATWHITE, einer fahrenden Ölbohrplattform!